Leadership Essays 2023

Leading Blurred Lines

Das optimale Gleichgewicht finden: Wohlbefinden der Mitarbeitenden in Zeiten einer immer stärkeren Verschmelzung von Privat- und Arbeitsleben

Von Vera Schuerch, Philipp Bütikofer, Daniel Gilgen, Tobias Keller, Christian Künzle und Michael Steinmann

Die gesunde Balance zwischen Arbeit und Privatleben

«In der einen Hälfte des Lebens opfern wir Gesundheit, um Geld zu erwerben. In der anderen opfern wir Geld, um die Gesundheit wiederzuerlangen. Und während dieser Zeit gehen Gesundheit und Leben von dannen.»

Voltaire (1694–1778), französischer Philosoph und Schriftsteller

Sind wir nicht alle mit der Situation vertraut, dass wir nach 21 Uhr noch schnell eine E-Mail-Nachricht verfassen? Oder am Samstagnachmittag einen Blick in das E-Mail-Postfach werfen? Und selbst während des Urlaubs die Erreichbarkeit nicht ausschliessen können?

Wir beobachten angesichts von Einflüssen wie Remote Work, neuen Arbeitskonzepten und dezentralen Teams eine verstärkte Verschmelzung zwischen Arbeit und Privatleben.

Alle Berufstätigen stehen vor der Herausforderung, ein Gleichgewicht zwischen diesen Lebensbereichen zu finden und aufrechtzuerhalten. Doch Führungskräfte, wie wir Autor:innen dieses Essays selbst welche sind, tragen eine besondere Verantwortung, wenn es um das Mitarbeitenden-Wohlbefinden (Employee Wellbeing) und die Balance zwischen den Lebensbereichen (Life-Domains) geht.

Was bedeutet es für Führungskräfte, Mitarbeitende entlang der zunehmenden Verschmelzung zwischen Arbeits- und Privatleben zu führen? Wie können diese die Bedürfnisse der Mitarbeitenden nicht nur verstehen, sondern auch unter den Anforderungen des Unternehmens erfüllen? Wie können sie feststellen, ob Mitarbeitende ihre Lebensbereiche ausgewogen balancieren und dabei auch ein Gefühl des Wohlbefindens entwickeln?

Führungskräfte nehmen oft an, dass es in ihren Teams eine offene und transparente Feedbackkultur gibt, und denken, dass Probleme und Gedanken offen angesprochen und diskutiert werden … Aber ist das wirklich der Fall? Sprechen Mitarbeitende von sich aus offen darüber, wenn der Druck zu gross wird? Haben sie Schwierigkeiten, einmal «offline» zu sein? Macht ihnen die ständige Erreichbarkeit nicht zu schaffen?

Nicht alle Mitarbeitenden geht es gleich gut mit den Anforderungen, die sie an sich selbst stellen oder an sich gestellt empfinden: Das erfordert seitens der Führenden, die Mitarbeitenden individuell zu betrachten und die Aufgaben feinfühlig zu vergeben. Der Bereich zwischen Arbeit und Privatleben ist oft schwammig und nicht klar getrennt. Führungskräfte müssen hier aktiv handeln und erkennen, wann die Balance zwischen Arbeit und Privatleben, diese blurred lines, aus dem Gleichgewicht gerät.

Das Gleichgewicht ist essenziell, es hält gesund

Neben der Einschätzung, dass sich Arbeit und Privatleben auch weiterhin vermischen werden, glauben wir Autor:innen, dass sich die Vermischung verändern wird. Wir meinen, dass es in absehbarer Zukunft entweder technische Neuerungen sind, z. B. Software und Tools, oder gesellschaftliche Einflüsse, z. B. ein zunehmendes Bedürfnis nach Abgrenzung, die diese Vermischung neu prägen und Narrative definieren.

Da es derzeit noch wenige verbindliche Regeln gibt und nur begrenzte wissenschaftliche Erkenntnisse zu den unterschiedlichen Bedürfnissen und Anforderungen vorliegen, ist das Thema für uns als Führungspersonen von grossem Interesse. Die Digitalisierung hat die Tätigkeiten und den erzielten Output, auch von Führenden, erheblich diversifiziert. Inhalte wurden in digitale Kanäle verlagert, die Halbwertszeit von Informationen haben sich verkürzt und der Veröffentlichungsrhythmus hat sich erhöht.

Durch die Verwendung digitaler Plattformen und die Möglichkeit des Remote-Arbeitens hat sich das gemeinsame Schaffen in ganz neue Dimensionen erweitert. Physische Präsenz mischt sich mit digitaler Anwesenheit und die Flexibilisierung durch New Work eröffnet Führenden neue Räume und Zeitfenster. Aus diesen Gegebenheiten schlussfolgern wir, dass positive Effekte aus der sich verstärkenden Vermischung von Arbeit und Privatleben erzielt werden können, die auch für die Organisation einen Mehrwert bilden.

Mit dem Fokus auf Leadership möchten wir uns in diesem Essay vertiefter mit dieser Vermischung auseinandersetzen und mit einem spezifischen Beitrag eine hilfreiche Unterstützung bieten, um in dieser Vermischung zwischen Arbeit und Privatleben umsichtiger umzugehen. Denn die individuelle Gewichtung verschiedener Lebensbereiche ist für das Wohlbefinden aller Berufstätigen ein zentraler Aspekt. Wir möchten gesund bleiben.

Was wirklich passiert: Herausforderung als auch Risiko

Immer mehr Menschen bevorzugen mobiles Arbeiten und flexible Arbeitszeitmodelle. Viele Berufstätige erledigen ihre Arbeit nicht mehr nur im Büro, sondern auch von zu Hause oder unterwegs.

Gleichzeitig haben sich die Erwartungen an ständige Erreichbarkeit und Effizienz erhöht. Viele haben Schwierigkeiten, Arbeit und Privatleben klar zu trennen. Auch die steigenden Anforderungen im Beruf und die zunehmende Konkurrenz führen dazu, dass Arbeitnehmende mehr Zeit und Energie in ihre Arbeit investieren und dadurch ihr Privatleben vernachlässigen.

Die Vernachlässigung des Privatlebens hat vielfältige Auswirkungen auf die Mitarbeitenden. Sie können unter anderem zu Stress, Überlastung und Burnout führen. Die ständige Erreichbarkeit, die Selbstdisziplin, die erforderlich ist, um Arbeit und Privatleben voneinander zu trennen, sowie die damit verbundenen Herausforderungen können ein Gefühl der Entfremdung und Isolation verursachen.

Auf der Unternehmensebene führen diese Entwicklungen zu sinkender Arbeitszufriedenheit, höheren Krankenständen und einer schlechteren Arbeitsleistung. Das Employee Wellbeing wird empfindlich gestört, was auch der Job-Stress-Index 2022 der Schweiz belegt. Gemäss diesem fühlen sich 30.3 % der Erwerbstätigen emotional erschöpft. Ein Wert, der erstmals seit 2014 über 30 % liegt.

Wir alle kennen einfache Beispiele einer solchen Vermischung von Arbeit und Privatleben – alltägliche Begebenheiten, die sich im Berufsalltag etabliert haben. Wer erkennt sich in solchen Situationen wieder?

«Es passiert regelmässig, dass ich in meinen Ferien geschäftliche E-Mails lese und manchmal auch antworte – den Auto-Responder gar nicht erst aktiviert habe.»

«Es ist mir wichtig, dass ich das umfangreiche Dokument selbst fertigstelle und es halt erst am späten Abend an meine Kolleginnen und Kollegen schicke.»

«Ich habe eine Nachricht auf dem Team-Account an die Mitarbeitenden geschrieben. Ich weiss jedoch nicht, ob diese am Sonntag gelesen und beantwortet wird, denn Sonntag ist eigentlich ein arbeitsfreier Tag.»

Diese Beispiele zeigen sowohl Herausforderungen als auch Risiken der zunehmenden Verschmelzung zwischen Privat- und Arbeitswelt. Solche Situationen benötigen Klarheit: Wie gehen Führungskräfte mit solchen Herausforderungen um und welche Massnahmen gehen sie an, um stimmige Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben zu ziehen?

Wir Führungskräfte sehen genau hin

Als Führungskräfte ist es unser Interesse, das Gleichgewicht der Mitarbeitenden bestmöglich zu fördern und zu unterstützen, denn nur so verfügen Mitarbeitende und Führungspersonen über mehr Ressourcen als Belastungen.

Fühlen sich Mitarbeitende wohl, steigt deren Produktivität und es entwickeln sich positive Gewohnheiten. Denn das Wohlbefinden der Mitarbeitenden umfasst den Zustand ihrer allgemeinen, mentalen, physischen, emotionalen und ökonomischen Gesundheit. Dieser wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst, etwa Beziehungen zu Arbeitskolleg:innen, getroffene Entscheidungen und verfügbare Hilfsmittel und Ressourcen.

Führungskräfte suchen also das Gleichgewicht zwischen den unterschiedlichen Lebensbereichen (Domains) eines Individuums und sehen genau hin. Zu diesen Domains gehören Familie und soziale Kontakte, Freizeit, Hobby, Sport und Gesundheit, Regenerationszeit (Schlaf) sowie Erwerbs- und Hausarbeit oder Ehrenämter.

Navigieren durch die Balance von Arbeit und Privatleben ist Führungsaufgabe

Führungskräfte müssen sich dazu befähigen, auf die persönlichen Bedürfnisse der Mitarbeitenden einzugehen, eine offene Feedbackkultur zu pflegen, die richtigen Technologien und Tools bereitzustellen und sich über die Prozesse und Abhängigkeiten im Team im Klaren zu sein. Doch wie können sie vorgehen? Wie sollen sie priorisieren? Welche Lösungsansätze sind alltagstauglich?

Es ist entscheidend, transparent und direkt zu kommunizieren und klare Abmachungen zu treffen. Diese betrifft unter anderem Erreichbarkeit und Arbeitsgestaltung, um Annahmen, Missverständnisse oder Unklarheiten zu verhindern und eine Kultur von Verbindlichkeit und Transparenz zu schaffen.

Ein weiterer zentraler Bestandteil ist, dass Führungskräfte über die natürlichen Präferenzen von Mitarbeitenden betreffend Arbeitsgestaltung und Arbeitstrennung Bescheid wissen. Es sind zwar alle individuell, es lassen sich aber zwei Charaktere benennen. Segmentoren bevorzugen eine klare Trennung von Arbeit und Privatem und beantworten beispielsweise keine E-Mails ausserhalb der Arbeitszeiten und sind gegenüber einer 24/7-Erreichbarkeit abgeneigt. Integratoren hingegen machen eine Verschmelzung von Arbeit und Privatem keine Mühe – sie bevorzugen diese sogar gegenüber einer strikten Trennung.

Wenn einem Segmentor beispielsweise vorgeschrieben wird, ausserhalb der Arbeitszeit Mails zu beantworten oder erreichbar zu sein, widerspricht dies seiner natürlichen Einstellung und führt eher zu Konflikten oder einem schlechteren Wohlbefinden. Bei Integratoren gilt das Gegenteil: Bei ihnen kann es zu Konflikten oder negativem Wohlbefinden führen, wenn sie die Vorgabe erhalten, das Arbeiten ausserhalb der Arbeitszeiten strikt zu unterbinden.

Führungskräfte müssen sensibel vorgehen, wenn Mitarbeitende sich im kritischen Bereich befinden und mehr Belastungen bewältigen müssen, als ihnen Ressourcen zur Verfügung stehen. Dann besteht die Gefahr, dass Mitarbeitende ihre Befindlichkeit nicht ehrlich kommunizieren, negative Aspekte nicht angesprochen oder Prozessstrukturen nicht hinterfragt werden und dadurch nicht aktiv nach Verbesserungspotential gesucht werden kann.

Ein Lösungsansatz für diese Herausforderungen

Eine Balance zwischen Arbeit und Privatleben ist ein subjektives Konzept und nicht immer leicht quantifizierbar. Dennoch können einfache Modelle und Tools mit daraus abgeleiteten Massnahmen helfen, ein besseres Verständnis für das Wohlbefinden der Mitarbeitenden zu entwickeln und gezielte Massnahmen zur Verbesserung zu ergreifen.

Zu den etablierten Massnahmen gehören beispielsweise das Messen von Fluktuationsraten und Mitarbeitendenengagement sowie die Auswertung von Leistungsindikatoren, Gesundheits- und Krankheitsdaten. In den meisten Fällen sind sie auf einen spezifischen Bereich ausgerichtet und bieten tendenziell keine ganzheitliche Sichtweise auf das Wohlbefinden der Mitarbeitenden. Zudem sind sie oft komplex und zeitintensiv.

Führungskräften fehlt ein einfaches Tool, mit dem sie die persönliche Balance zwischen Arbeit und Privatleben schnell und unkompliziert umfassend messen können. Wir Autor:innen haben ein solches Tool konzipiert und stellen es nachfolgend vor.

Der Temperature-Check: Ein einfaches Hilfsmittel für Führungskräfte

Wie bereits im Intro beschrieben, sind wir als Führungspersonen davon überzeugt, dass sich Arbeits- und Privatleben zukünftig noch weiter und stärker vermischen werden. Unser Essay stellt ein einfaches Tool vor, den Temperature-Check, mit dem Führungspersonen ein Gesamtbild der Balance zwischen Arbeit und Privatleben eines Teams erhalten und mit einfachen, daraus abgeleiteten Massnahmen positiv auf das Wohlbefinden einwirken können.

Der Temperature-Check basiert auf zwei Teilen.

  1. Die Befragung des Teams mittels persönlicher Einschätzung zu einem spezifischen Thema.
  2. Der Übertrag und Auswertung der einzelnen Resultate in das Modell. Dazu werden die Resultate auf die Vorlage, das Employee- & Team-Wellbeing-Canvas, übertragen.

Der gesamte Temperature-Check ist in einem PDF mit fünf Seiten abgebildet. Das PDF erhält die Erklärung, die Befragung und die Auswertung. Es ist ein einfaches Tool, welches auch offline genutzt werden kann.

Der Temperature-Check kann hier als PDF-Download bezogen werden.

>>> Employee- & Team-Wellbeing-Canvas <<<

Angelehnt an bereits existierende wissenschaftliche Frameworks (Wohlfühl- und Salutogenese-Dreieck) wird mit den nachfolgend aufgeführten sechs Kategorien der aktuelle Zustand der Balance zwischen Arbeit und Privatleben von Mitarbeitenden oder eines gesamten Teams erfragt:

  • Wachstum und Entwicklung
  • Sinnhaftigkeit
  • Verbundenheit und Integriertsein
  • Verstehbarkeit
  • Haben und Existenzsicherung
  • Handhabbarkeit

Fragen und Antworten

In sechs Kategorien und sechs Fragen werden die Themen angesprochen und erklärt und auf einer Skala von 1 (negativ) bis 6 (positiv) persönlich und individuell eingestuft. Dabei bezieht sich die erste Frage (a) auf die persönliche Ebene, die zweite Frage (b) auf die Teamebene.

Abb. 1: Beispiel einer thematischen Frage zum Spannungsfeld Wachstum und Entwicklung. Die Ausprägung wird persönlich eingeschätzt.

Das Employee- & Team-Wellbeing-Modell

Die sechs Kategorien bilden die Dimensionen der Befragung in einem Modell ab.
Jede Ausprägung geht von der Mitte aus und endet an der Spitze des Sterns und bildet so eine Skala von 1–6 ab.

Abb. 2: Das Salutogenese-Dreieck wird mit dem Wohlfühl-Dreieck ergänzt. In dieser Kombination entsteht ein Modell mit sechs thematischen Kategorien.

Auswertung und Übertrag auf die Vorlage

Die Resultate aus den ausgefüllten Fragebögen werden auf das Employee- & Team-Wellbeing-Canvas übertragen. Der Übertrag geschieht mittels Punkt, der auf dem Modell auf der Achse zwischen beiden Polen gesetzt wird. Für jede Person werden in einer bestimmten Farbe die Punkte auf das Modell übertragen und mit Linien verbunden. Die Verbindungen zwischen den Punkten ergeben ein Netzdiagramm.

Die zwei Antworten, die persönliche Ebene und die Teamebene, werden dabei getrennt in das Modell übertragen. Es entsteht ein «Spinnennetz» für jede Dimension.

Abb. 3: Auf dem Sternsegment mit dem Thema Handhabbarkeit sind die zwei Pole mit sechs Stufen dargestellt.
Abb. 4: Ausgefüllter Temperature-Check mit einer Auswertung von vier Personen und einem rot markierten Durchschnittswert.

Das Gesamtbild: So kann eine Führungskraft den Temperature-Check nutzen

Durch einen ausgefüllten Temperature-Check erhält die Führungskraft ein Gesamtbild, wie ausgeglichen die Mitarbeitenden in Bezug auf Employee Wellbeing sind und in welchen Aspekten noch Verbesserungspotenzial besteht.
Wenn die Befragung und Auswertung gesamthaft für ein Team durchgeführt wird, können die Einschätzungen der jeweiligen Teammitglieder übereinandergelegt und interpretiert werden.

Basierend auf dieser Auswertung können passende Massnahmen entwickelt werden, die entweder auf einzelne Mitarbeitende zugeschnitten sind oder das gesamte Team betreffen. Die nachfolgend vorgeschlagenen Lösungsansätze sollten spezifisch auf die Mitarbeitenden zugeschnitten werden, da deren Situation und die Möglichkeiten der Organisation stark variieren.

Führungspersonen sollten regelmässig eine solche Bewertung vornehmen, um frühzeitig auf etwaigen Handlungsbedarf aufmerksam zu werden und die Wirksamkeit der Massnahmen zu überprüfen. Die Massnahmen können auch in Mitarbeitenden-Gespräche eingebracht und so in bestehenden Gefässen einer Organisation verankert werden.

Ein ausgefülltes Employee- & Team-Wellbeing-Canvas vermittelt ein umfassendes Bild und kann als Grundlage für Diskussionen im Team dienen. Transparenz ist ein wesentlicher Teil von qualitativer Führung, weshalb die Auswertung des Fragebogens nicht ohne Team angegangen werden sollte.

Die Inputs des Teams sollen in einfache Lösungs- und Handlungsansätze fliessen. Die nachfolgenden Beispiele dienen als Orientierungshilfe. Sie sind nicht wissenschaftlich, aber alltagstauglich und im Sinne der Balance zwischen Arbeit und Privatleben anwendbar.

Der Schlüssel zu gezielten Massnahmen

Wachstum und Entwicklung

  • Entwicklungsplan
    • Regelmässige Gespräche über die Karriereplanung der Mitarbeitenden führen, um deren Entwicklungsziele und Ambitionen besser verstehen zu können.
    • Berufliche Weiterbildung, Coaching oder Mentoring anbieten, um auf diese Ziele hinzuarbeiten.
    • Gewillte Mitarbeitende in anspruchsvolle Projekte involvieren, um ihnen Lernmöglichkeiten zu geben, die zu ihrem Wachstum beitragen.
    • Jobrotation, um Einblicke in andere Abteilungen und Tätigkeitsbereiche zu erhalten.
  • Feedbackkultur
    • Regelmässiges, konstruktives Feedback zu den Leistungen und Entwicklungen der Mitarbeitenden.
    • Generell eine positive Feedbackkultur im Unternehmen etablieren.
    • Mitarbeitende dazu ermutigen, untereinander offen Feedback auszutauschen und so voneinander zu profitieren und zu wachsen.

Sinnhaftigkeit

  • Vision
    • In Gesprächen mit den Mitarbeitenden evaluieren, ob und inwiefern sie sich mit ihrer aktuellen Tätigkeit identifizieren und einen Beitrag zum grossen Ganzen leisten können.
    • Unternehmensziele und Vision des Unternehmens klar und verständlich kommunizieren.
  • Arbeitsumfeld
    • Den Mitarbeitenden Autonomie und Freiheit bei der Planung und Durchführung ihrer Arbeit geben, damit diese sich besser entfalten können.
    • Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitenden und ihrer Arbeit ausdrücken.
    • Mitarbeitende ermutigen, neue Ideen einzubringen.

Verbundenheit und Integriertsein

  • Teambuilding
    • Durchführen von sozialen Events oder Aktivitäten zur Förderung des Zusammengehörigkeitsgefühls.
    • Geeignete Plattformen und Tools nutzen, um Austausch und Kommunikation, insbesondere bei Remote Work, bestmöglich zu ermöglichen und eine gewisse Nähe und Verbundenheit zu erzielen.
    • Mitarbeitende ermutigen, sich an Meetings und Diskussionen zu beteiligen und aktiv einzubringen.
    • Ideen, Erfolge und Herausforderungen innerhalb des Teams austauschen, um gegenseitige Unterstützung zu fördern.
    • Innerhalb des Teams Erfolge, Ideen oder Herausforderungen teilen, um den Zusammenhalt und die Kollaboration zu stärken.
  • Diversität
    • Team-/Unternehmenskultur aufbauen, welche die Diversität der Mitarbeitenden wertschätzt und fördert.
    • Schulungen oder Workshops zur Förderung und Übermittlung der Wichtigkeit von Diversität und Integration erarbeiten.
    • Diversität bei der Rekrutierung berücksichtigen.
  • Integration
    • Einbindung der Mitarbeitenden in Entscheidungsprozesse.
    • Offene Feedback- und Fehlerkultur leben.
    • Interesse am Wohlbefinden der Mitarbeitenden zeigen und diese bei persönlichen Herausforderungen unterstützen.

Verstehbarkeit

  • Dokumentation
    • Prozesse und Abläufe klar und verständlich dokumentieren und den nötigen Personen zugänglich machen, um den Wissenstransfer zu optimieren.
  • Kommunikation
    • Geeignete und einheitliche Kanäle für die Kommunikation nutzen.
    • Regelmässig über News, Veränderungen oder Projekte innerhalb des Unternehmens informieren, um die Mitarbeitenden auf einem aktuellen Stand zu halten.
    • Verantwortlichkeiten und Erwartungen klar definieren, um Missverständnisse und Annahmen zu vermeiden.
    • Offene Feedbackkultur schaffen, damit bei Unklarheiten oder Fragen nachgefragt wird.

Existenzsicherung

  • Arbeitsplatzsicherheit
    • Berufliche Weiterbildung und Entwicklung der Mitarbeitenden zur Stärkung ihrer eigenen Marktposition unterstützen.
    • Transparent, offen und klar kommunizieren, in welcher Lage sich das Unternehmen befindet, um Angst und Spekulationen vorzubeugen.
    • Langfristige oder unbefristete Arbeitsverträge anbieten.
  • Entlohnung
    • Entlöhnung und Zusatzleistungen wettbewerbsfähig an der Marktsituation ausrichten.
    • Regelmässige Überprüfung und allfällige Anpassung der Entlohnungsstruktur.
    • Mitarbeitende über ihre Zusatzleistungen und Benefits informieren.
    • Finanzielle Beteiligung am Unternehmenserfolg ermöglichen, beispielsweise mittels Aktien für Mitarbeitende.
  • Gleichstellung
    • Beförderungen oder spezielle Entlohnungen nur aufgrund objektiver Kriterien durchführen.
    • Gleiche Karriere- und Entwicklungschancen für alle Mitarbeitenden ermöglichen.

Handhabbarkeit

  • Zielsetzung
    • Zusammen mit den Mitarbeitenden klare und messbare Ziele definieren und schriftlich festhalten.
  • Ressourcen
    • Regelmässige Feedbackgespräche zur Klärung des Unterstützungsbedarfs durchführen.
    • Geeignete Tools und Ressourcen zur Verfügung stellen.
    • Unterstützung bei Weiterbildungen und Schulungen, um die Kompetenzen der Mitarbeitenden auszubauen und zu stärken.
    • Optimierung und allenfalls Automatisierung von Arbeitsabläufen, um Ressourcen für andere Tätigkeiten nutzen zu können.

Fazit: Wegweisende Transparenz für eine positive Arbeitsumgebung

Obwohl Führungskräfte mit individuellen Bedürfnissen, Unsicherheit und Komplexität konfrontiert sind, sollten sie die Ausgangslage als Chance betrachten und umdenken. Mitarbeitende inmitten der Verschmelzung von Privat- und Arbeitsleben zu führen, ist zwar ein vertracktes Problem, aber es gibt einfache Lösungswege.

Wir, die wir selbst Führungskräfte sind, legen grossen Wert darauf, zum Wohlbefinden unserer eigenen und anderer Mitarbeitenden beizutragen. Für uns bedeutet ein lösungsorientiertes Vorgehen, den aktuellen Zustand dialogisch und wiederkehrend zu besprechen und ihn sichtbar zu machen, bevor sich konkrete Handlungsfelder ergeben. Während der intensiven Ausarbeitung dieses Essays haben wir festgestellt, dass es viele bewährte Praktiken und Handlungsempfehlungen gibt, um das Employee Wellbeing zu verbessern. Allerdings fehlen oft die richtigen Werkzeuge, um eine gemeinsame Standortbestimmung mit jeder einzelnen Person und dem Team zu ermöglichen. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, Wege zu finden, um den gegenwärtigen Zustand der Zufriedenheit der Mitarbeitenden zu erfassen und zu verstehen. Nur auf dieser Grundlage können wir gemeinsam gezielte Massnahmen ableiten und ergreifen, um das Wohlbefinden aller Beteiligten zu fördern und eine positive Arbeitsumgebung zu schaffen.

Die Bewältigung dieser komplexen Herausforderung geht über die individuellen Erfahrungsbereiche hinaus und erfordert eine gemeinschaftliche Herangehensweise, die individuelle Lösungsansätze übertrifft. Verbessernde Massnahmen können nur im Kollektiv entwickelt werden. Es erfordert die Bereitschaft und Offenheit aller Beteiligten, ihre spezifischen Erwartungen und Bedürfnisse offenzulegen und somit einen wertvollen Beitrag zu einem Gesamtbild zu leisten. Für alle Mitwirkenden erachten wir gegenseitiges Vertrauen und Transparenz als Schlüsselfaktoren. Mitarbeitenden benötigen das Vertrauen, sich offen und ohne negative Konsequenzen fürchten zu müssen, über ihr Befinden mitteilen zu können. Aufrichtige und ehrliche Rückmeldungen sind für Führungspersonen von essenzieller Bedeutung.

Der Temperature-Check hilft, die Bedürfnisse von Employee- & Team-Wellbeing transparent zu machen. Dadurch werden Massnahmen möglich und sichtbar. Damit gelingt es uns und anderen Führungspersonen, das Wohlbefinden aller Beteiligten zu fördern und einen positiven Beitrag zu ihrer Gesundheit zu leisten.


Verwendete Literatur

Gesundheitsförderung Schweiz (2022): Job-Stress-Index 2022. https://gesundheitsfoerderung.ch/sites/default/files/2022-10/Faktenblatt_072_GFCH_2022-08_-_Job-Stress-Index_2022_2.pdf

McKinsey & Company (2022, 27. Mai): Addressing employee burnout: Are you solving the right problem? https://www.mckinsey.com/mhi/our-insights/addressing-employee-burnout-are-you-solving-the-right-problem

McKinsey & Company (2022, 6. Oktober): Leading with compassion: Prioritizing workplace mental health. https://www.mckinsey.com/mhi/our-insights/leading-with-compassion-prioritizing-workplace-mental-health

Nishat (2022): WHO says working from home creates “blurring of boundaries”. Open Access Government. https://www.openaccessgovernment.org/who-working-from-home/128758/

Russo, M. (2021, 31. August): Better Work-Life Balance Starts with Managers. Harvard Business Review. https://hbr.org/2019/08/better-work-life-balance-starts-with-managers

Sweigart, D. G. A. L. (2022): How healthy boundaries build trust in the workplace. Strategy+business. https://www.strategy-business.com/article/How-healthy-boundaries-build-trust-in-the-workplace

Wöhrmann, A. M., Dilchert, N. & Michel, A. (2021): Working time flexibility and work-life balance. Zeitschrift für Arbeitswissenschaft, 75(1), 74–85. https://doi.org/10.1007/s41449-020-00230-x